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Küchen-News

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Die Küchenbranche lebt von Bewegung – und kaum ein Herbst hat dies so deutlich gezeigt wie der diesjährige. Auf den Hausmessen in Ostwestfalen herrschte spürbarer Optimismus: gut gelaunte Händler, volle Parkplätze, neue Produkte, neue Gesichter. Nach Monaten der Zurückhaltung ist wieder Investitionsbereitschaft zu spüren. Viele Fachhändler erweitern, modernisieren oder planen neue Standorte. Die Lust auf Zukunft ist zurück.

Doch während an der Oberfläche Aufbruchsstimmung herrscht, ziehen hinter den Kulissen dunklere Wolken auf. Die jüngste Nachricht aus München hat die Branche tief erschüttert: Die BSH schließt ihre Werke in Bretten und Nauen – traditionsreiche Standorte mit rund 1.400 Beschäftigten. Besonders das Ende des Neff-Werks in Bretten, dem Herzstück einer der profiliertesten Marken des Fachhandels, markiert einen historischen Einschnitt. „Neff ist und bleibt Bestandteil des Markenportfolios“, betont die BSH – und doch steht ein Stück Küchenkultur vor dem Aus. 

Parallel dazu verändert sich die Struktur des Hausgerätekonzerns grundlegend: Erstmals traten Siemens, Bosch, Neff und Constructa auf der Messe mit einem gemeinsamen Vertriebsteam auf – ein Pilotprojekt im Zeichen der neuen Kanalstrategie. Was auf dem Papier nach Effizienz klingt, sorgte in der Praxis für Irritation. Ansprechpartner wechselten, Zuständigkeiten verschwammen, vertraute Markenidentitäten gingen verloren. Ein Prozess, der sich gerade auch bei Beko und Bauknecht wiederholt: Beide traten erstmals unter dem Dach von Beko Europe mit einem vereinten Vertrieb auf. Wer wissen möchte, wie sich das anfühlt, sollte bei Gorenje nachfragen – das Unternehmen hat den Wandel vom Marken- zum Konzernvertrieb unter Hisense bereits hinter sich. Schmerzhaft, lehrreich und mit einem hohen Preis: dem Verlust gewachsener Nähe zum Handel.

All diese Entwicklungen stehen sinnbildlich für den Umbruch der Branche. Marken verlieren ihre Gesichter, Vertriebsstrukturen verschmelzen, und „Made in Germany“ wird zunehmend zum Marketingbegriff statt zum Produktionssiegel. Der Wandel ist unausweichlich – aber er fordert seinen Tribut. 

Und so wirkt der Blick auf Küppersbusch fast wie ein Menetekel. Was einst ein stolzes Gelsenkirchener Traditionsunternehmen war, ist heute nur noch ein Markenname im Portfolio eines chinesischen Konzerns. Der industrielle Rückzug aus Deutschland schreitet voran – still, schleichend, aber konsequent. 

Doch nicht nur die Industrie, auch die Institutionen haben in diesem Jahr ein zweifelhaftes Bild abgegeben. Im Alno-Prozess blieb die Staatsanwaltschaft weit hinter den Erwartungen zurück. Was als Chance hätte dienen können, ein Stück Aufarbeitung und Transparenz in eine der größten Insolvenzen der deutschen Küchenbranche zu bringen, endete in juristischer Ernüchterung. Wieder blieb vieles im Dunkeln – über Verantwortung, über Managementfehler, über die Mechanismen, die einst ein Vorzeigeunternehmen in den Abgrund führten. Eine verpasste Gelegenheit, aus Geschichte zu lernen. 

Trotz allem: Die Branche steht nicht still. Der Fachhandel zeigt Mut, die Hersteller suchen neue Wege, und die Kunden wünschen sich emotionale, nachhaltige und wertige Lösungen. Zwischen Euphorie und Ernüchterung bleibt die Erkenntnis: Wandel ist keine Bedrohung, sondern Realität. Entscheidend ist, wie man ihm begegnet. Denn am Ende geht es nicht nur um Produkte, sondern um Vertrauen – und das entsteht immer noch zwischen Menschen, meint Ihre Stefanie Willach

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